MARTIN ZEILLER - REISESCHRIFTSTELLER AUS RANTEN

 

Martin Zeiller kam am 17. April 1589 in Ranten als Sohn des gleichnamigen protestantischen Pfarrers von Kanten in der Obersteiermark zur Welt. Der junge Martin Zeiller ist zum Teil im Pfarrhof Ranten und zum Teil im Zeiller’schen Stadthaus in Murau aufgewachsen. Das Kind Martin ist der Überlieferung zufolge einäugig zur Welt gekommen, aber trotzdem habe er, wie Johann Heinrich Zedler in seinem 1749 erschienenen Universallexikon bemerkte, nachmahls denen Gelehrten mit dem andern (Auge) mehr gedienet als sonst zehen Zweyäugige. Blind war Martin Zeiller am rechten Auge. Im Frühjahr 1600, als Martin elf Jahre alt war, wurde er mit seiner Familie im Zuge der gewaltsamen Rekatholisierung Innerösterreichs unter Erzherzog Ferdinand II. des Landes verwiesen.

 

Martin Zeiller im Jahr 1642 - Kupferstich von Andreas Schuch
Bildunterschrift:
Anno 1589 / 17. April in Sup(eriore) Styriae (in der Obersteiermark) nat(us) (geboren).
Anno 1642 delineavit (gezeichnet) Andr(eas) Schuch

Die Exulantenfamilie Zeiller wandte sich zuerst nach Regensburg, doch im Mai dieses Jahres finden wir den damals bereits 73-jährigen Prädikanten Martin Zeiller in der protestantischen freien Reichsstadt Ulm, wo er aus der Stadtkassa finanzielle Unterstützung, eine befristete Aufenthaltsbewilligung und 1605 eine Anstellung als Pestseelsorger erhielt.

Seinen Sohn Martin schickte er auf die Ulmer Lateinschule. Nach Absolvierung dieser Schule wanderte dieser im Jahr 1608 zum Studium der Geschichte und Rechtswissenschaft nach Wittenberg, von wo die Reformation Martin Luthers ihren Ausgang genommen hatte. Sein Universitätsstudium schloss er 1612 ab und gönnte sich hierauf eine Reise nach Minden und Bückeburg in Westfalen. Martin Zeiller erhielt sogleich eine Anstellung als Erzieher, Hauslehrer und Hofmeister junger Adelssöhne und trat seine erste Stelle in Linz an. Von 1612 bis 1629 unterrichtete er Söhne österreichischer Adelsfamilien, begleitete sie auf Bildungs— und Studienfahrten durch Mitteleuropa, Iernte so Länder und Menschen zwischen Böhmen und Straßburg, Mitteldeutschland und Oberitalien‚ aber auch die Herzogtümer Österreich, Steiermark und Krain kennen, musste sich auf diese Reisen gewissenhaft vorbereiten und sammelte im Laufe von nicht ganz zwei Jahrzehnten umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen. Im Jahr 1629 ließ er sich in Ulm nieder, ehelichte eine Bürgerswitwe und wurde unter die Ulmer Bürger aufgenommen. Bis zu seinem Tod im Jahr 1661 lebte er als Gelehrter und Schriftsteller in der freien Reichsstadt Ulm und wurde zu einem der meistgelesenen deutschsprachigen Schriftsteller des 17. Jahrhunderts. Nach 1629 hat er keine einzige Reise mehr über Ulm hinaus unternommen.

1632 veröffentlichte Martin Zeiller seine erste Länder- und Reisebeschreibung:

„Itinerarium Germaniae nov-antiquae.

Teutsches Reyßbuch durch Hoch— und Nider-Teutschland

 

Länder- und Reisebeschreibung „Itinerarium Germaniae nov-antiquae“

Als Reiseschriftsteiler, Topograph und Enzyklopädist wurde er zu einer im ganzen deutschen Sprachraum berühmten Autorität, verfasste zu den zwischen 1642 und 1658 im Druck erschienenen 30 Bänden der Topographien Matthäus Merians die Texte - was Merian übrigens verschwieg und was erst nach Zeillers Tod bekannt wurde. Martin Zeiller hat für die meisten europäischen Länder von Spanien bis Polen, von Italien bis Norwegen topografische Reisebücher verfasst; und dies erstmals in deutscher Sprache, was neben seinem reichen Wissen ohne Zweifel dazu beigetragen hat, dass seine Bücher vielfach in mehreren Auflagen erschienen sind und sich in allen einigermaßen bedeutenden historischen Bibliotheken finden. Er kann mit Fug und Recht als erster „Baedeker” und somit als erster deutschsprachiger Reiseschriftsteller und Begründer der modernen Reiseliteratur bezeichnet werden. Die meisten von ihm beschriebenen Länder hat er selbst nie gesehen und sein Wissen in diesen Fällen aus zumeist lateinischen Büchern bezogen. Aber auch als Enzyklopädist, Erzähler, Übersetzer und Dichter machte er sich einen Namen. Martin Zeiller blieb bis in die Goethe-Schiller-Zeit die Autorität als Topograf, geriet dann jedoch weitgehend in Vergessenheit. Erst zur Zeit des Nationalsozialismus wurde man wieder auf ihn aufmerksam, wohl weil er fernab jeder rassistischen Ideologieabsichten nicht müde wurde, gegenüber den zu seiner Zeit dominierenden französischen und italienischen Kultur— und Lebenseinflüssen auf den Eigenwert seines deutschen Vaterlandes hinzuweisen: Deutschland sei unter den europäischen Königreichen das herrlichste und die Königin und Mutter anderer Länder und Nationen. Und die deutsche Sprache galt ihm, dem klassisch Gebildeten und vieler Fremdsprachen Mächtigen, als die schönste, reinste, beste und reichste Sprache. Er beklagte, dass die sogenannten Gebildeten, die Kanzleien voran, sie durch Fremdwärter schädigten, entstellten und an das Bettelbrot bei den Welschen wiesen. Die Lust am Reisen — vom Handwerksburschen über die Pilger bis zu den adeligen Söhnen— ist ein besonderes Merkmal der frühen Neuzeit und wohl auch die Voraussetzung für den großen Erfolg der deutschsprachigen Reise— und Länderbeschreibungen Zeillers.

Er war überzeugt vom großen Bildungswert des Reisens. Er hielt jene für Haupttölpel, die stets daheimbleiben; man müsse sich in der Welt umsehen, ehe man daraus gehe, auf dass er nicht ein frembdling im aigenen königreich seye. In der Schönheit des Erdkreises spiegle sich die Gottheit; die Welt sei das offene Buch, darin Gott sich von allen und in allen Sprachen lesen lasse. Er spottet über jene Trägen, denen nichts über ihre Stube gehe, aber auch über jene, die bloß freier Liederlichkeit wegen ins Ausland gingen, Wirtshäusern nachliefen und den fremdländischen Genüssen frönten, oder die überhaupt Welsches Wesen höher stellten, als ihr angeborenes deutsches. Und diese alle, sagt er, ändern durch Reisen zwar das Gestirn, nicht aber das Hirn, und es komme nicht darauf an, dass man reise, sondern wie man reise. Um seine in vielen Jahren erworbenen Reiseerfahrungen weiterzugeben und den Lesern zu zeigen, wie man sinnvoll und richtig reisen solle, publizierte Zeiller im Jahr 1650 im Format eines Gebetbuches, im Taschenformat, einen Reiseratgeber, den Fidus Achates oder Getreuer Reisegefährt für Deutsche und für Deutschland. Achates war der Reisegefährte des Äneas. Auf 68 Seiten gibt Zeiller Reiseratschläge allgemeiner Art, wie sie später in den meisten Reisehandbüchern üblich sein sollten. Er gibt Anleitungen, wie man heil auf schlechten Wegen, durch Sümpfe und über hohe Berge komme, wie man sich gegenüber Wölfen und Bären, Zollwächtern und Kutschern verhalten solle. Er rät beispielsweise, sich mit den Wirten, deren Angehörigen und mit Fremden zu vertragen, auf Reisen politischen und religiösen Bemerkungen aus dem Weg zu gehen, denn man verletze damit so leicht, ohne es zu wollen. Am wichtigsten aber sei auf den Reisen: Fragen, Forschen und Festigen, über Erfahrenes und Erlebtes Tagebücher zu führen. Im zweiten Teil seines „Achates“ bietet Zeiller 160 Vorschläge von Reiserouten kreuz und quer durch Europa. Für Zeiller war der Zweck des Reisens in erster Linie die Bildung. Deshalb hämmert er immer wieder ein, nicht bloß zu laufen wie die Boten, ohne sich umzuschauen, und nicht zu meinen, damit sei es schon ausgerichtet, dass man sagen könne, wo es die besten Wirtshäuser habe. Bei vielen Reisenden könne man laut Zeiller nur noch festhalten: Eine Gans ist geflogen aus und Gagk kommen wieder zu Haus. Oder ein Büffel ist zogen übern Rhein und ein Esel ist gewandert wieder heim.

Gedenkstein an der Ostseite des Pfarrhofes in Ranten

Einige der Reiseratschläge Zeillers möchten wir Ihnen nicht vorenthalten; sie sind mitunter zeitlos und auch noch heute mit Gewinn zu befolgen, etwa die Kleidung betreffend:

Was die Kleider anbelangt, sollen dieselbe nicht zu stattlich, auff dass man dardurch nicht in Gefahr kommen, auch nicht gar zu schlecht seyn, damit man von vornehmen Leuten, Häusern und Gesprächen nicht ausgeschlossen werde. Und ist rathsam, solche Kleider sich anmachen zu lassen, die in dem Lande, dahin einer zu reysen gedenckt, gebräuchig.

Weiters:

Es solle ein Wandersmann auch 3 oder 4 saubere Leib- oder Unterhemden und so viele Überschläge oder Krägen, etliche Schneitz- und Handtüchlein, etliche Paar Ober— und Unterstrümpf, Socken, Schlafhosen, Schlafhauben, Handschuch und ein Paar Pantoffel in einem mal verschlossenen Reißetrühlein nicht vergessen.

Mit auf die Reise nehmen sollte man auch ein Perspektiv oder Fernglas, Augenbrillen gegen den Staub, Ohrenlöffel und einen Zahnstürer, sowie etliche Säfte und Arzneien gegen das Schweyssen auß der Nasen, Durchfluß und Stopffung deß Leibs, Harnwinden, den Sod, den Wolf vom Reiten.

Bevor sich jemand auf Reisen begibt, empfiehlt Zeiller sich mit Gott zu versöhnen… auch hernach seine Schulden, die er etwan abzurichten hat, zu bezahlen, ein Testament zuvor auffzurichten und sonsten seine Sachen allerseits wol zu bestellen.

Morgens solle man sich durch das Bett nicht aufhalten lassen, sondern sich früh auf den Weg machen, abends aber besonders bei trübem Wetter zeitig eine Herberge aufsuchen und die Nachtreisen wegen der Nachtliechtlein, die manchen verführet, fliehen, so viel man kan, auch in den Wäldern wegen der wilden Thier, Räuber und Gespenster gar nicht über Nacht bleiben.

Selbst ein Martin Zeiller glaubte offensichtlich an Geister und Gespenster. Und vor wilden Tieren warnte er: Wenn einem Wölfe oder Bären begegnen, soll man ein Geräusch mit dem Degen oder mit zwei Kieselsteinen machen, riet er, oder zur Winterszeit auf ein zugefrorenes Wasser gehen, weil die Wölfe das Eis fürchten. Trifft man auf einen Bären, solle man sich auf die Erde legen und den Atem anhalten, als ob man tot wäre. Martin Zeiller wusste auch von den Kröpfen bei den Alpenbewohnern und riet, in der Hitze nicht viel zu reden, damit man nicht zu durstig werde und dann kaltes, trübes oder ungesundes Wasser trinke und dabei möglicherweise einen Froschlaich verschlucke oder einen Kropf bekomme; solches Wasser sei vor allem in Kärnten, in der Obersteiermark, im Salzburgerland und in Savoyen zu befürchten — wo es eben viele Menschen mit Kröpfen gäbe. Ein Reisender solle sich in allem bescheiden erweisen, den Hut beim Gruß nicht bloß anrühren, als ob er Spatzen oder anderes darunter hätte, sondern ihn recht abziehen. Gegen das Weibervolk solle man sich besonders in Ungarn, in Italien und Spanien anders verhalten als in Frankreich und England, damit man nicht für unhöflich gehalten werde, vor allem aber keinen Argwohn oder Eifersucht erwecken und sich dadurch allenfalls in großes Unglück zu bringen. Nach der Rückkehr ins eigene Vaterland solle man sich wieder in dessen Sitten und Gewohnheiten einfügen, die fremden, ungewohnten und lächerlichen Gebärden ablegen und sich wieder der Muttersprache bedienen. Wenn man seine Ratschläge befolge, werde man wieder frisch und in Gesundheit nach Hause gelangen. Als Gelehrter und Schriftsteller war der von Kindheit an einäugige Gelehrte Martin Zeiller durchaus Positivist, der nicht primär Neues erforschte, sondern vorgegebenes, wenn auch für nicht humanistisch Gebildete vielfach nur schwer zugängliches Wissen sammelte, ordnete, in gefälliger Form und an passenden Stellen darlegte und so einem breiteren Publikum zugänglich machte. Meistens stellt er seine eigene Meinung hinter der von älteren Autoren zurück oder knüpft an deren Gedanken an, erörtert und zerpflückt sie mitunter und zieht dann seine eigenen, geistreichen Schlussfolgerungen. Die Fülle seines Wissens und die kluge, gemütliche, sowohl heitere als auch ernste Form seiner Darlegungen gewannen ihm rasch die Zuneigung und die Liebe seiner Leser.

Mit wissenschaftlicher Akribie zitiert er die verwendete Literatur; für sein 1632 erschienenes „Deutsche Reysbuch“ verzeichnet die vorangestellte Literaturliste unfassbare 356 Bücher, bei anderen Werken bis zu 700 Buchtitel. Mehrere seiner 49 Bücher sind entweder noch zu seinen Lebzeiten, aber auch nach seinem Tod in mehreren Auflagen erschienen und blieben bis weit in das 18. Jahrhundert unverzichtbare Standardwerke. Reisen war auch noch in der frühen Neuzeit mühsam und gefährlich. Um als Landesunkundiger von einem Ort zum anderen zu gelangen, musste man wegen der schlechten Straßen und mangels jeglicher Wegzeichen, meist nur mit ungenügenden Landkarten ausgerüstet und kaum mit zweckentsprechenden Reisehandbüchern versehen einen ortskundigen Einheimischen als Führer anheuern. Um die Kosten dafür möglichst niedrig zu halten, schlossen sich Reisende meistens zu kleineren Gesellschaften zusammen. Die Gefahr, in die Hände von Ausbeutern oder Räubern zu fallen, bestand immer. Wie selten es noch im 17. Jahrhundert geeignete Reisebücher gab, davon wusste Zeiller selbst, denn unter den 356 von ihm für sein Reisebuch durch Deutschland benutzten Büchern befand sich nur ein Reisebuch für Ägypten und für Italien. Dazu bemerkt Zeiller, das die wenigen, meistens lateinisch abgefassten Reise— und Länderbeschreibungen mehr Irrwerge als Wegweiser seien. Vielfach habe er vornehme Leute klagen gehört, es würden so viele unnötige Bücher gedruckt, aber es finde sich leider niemand, der diese notwendige Arbeit auf sich nehme. Ein erstes allerdings wenig hilfreiches Raißbüchlein in deutsche Sprache war 1563 von Jörg Gail und wenige Jahre später eines vom kursächsischen Postbereiter Daniel Wintzenberge rerschienen. Nicht alle Länder, über die Zeiller topografische Reisebeschreibungen verfasste, hat er selbst jemals gesehen. Den Raum des einstigen Herzogtums Steiermark einschließlich der seit dem Ende des Ersten Weltkrieges zu Slowenien gehörigen Untersteiermark und des Herzogtums Krain beschreibt er in seiner 1649 von Matthäus Merian in Frankfurt am Main herausgegebenen und mit zahlreichen Kupferstichen und Landkarten ausgestatteten „Topographie Provinciarum Austriacarum", die auch Kärnten und Tirol umfasst. In sein Geburtsland Steiermark kam Zeiller zweimal zurück, er besuchte Graz und begleitete die ihm anvertrauten Adelssöhne auf der Reise über Marburg und Krain nach Italien, kannte also nur die engere Reiseroute aus eigener Anschauung. Dem Abschnitt über das Herzogtum Steiermark stellt Zeiller eine ausführliche geografische und historische Beschreibung des Landes voraus und beschreibt dann in alphabetischer Reihenfolge die wichtigsten Städte und Orte. Gleich aufgebaut ist das Kapitel über das Herzogtum Krain, die windischen Lande und die Grafschaft Görz. In Laibach spreche man drei Sprachen: deutsch, windisch und welsch. Die Stadt sei sehr volkreich, die Luft allerdings sei dort sehr ungesund und die Stadt sei gegen Feindesgefahr schlecht geschützt, meinte er. Zeiller streut in seine Länderbeschreibungen gerne „Skandalgeschichten"— sex and crime — ein, was durchaus den Erwartungen seiner Leser eher entsprach als historisch—topografischer Fakten. 

Die unermüdliche Sammeltätigkeit Zeillers hat ihm einen unerschöpflichen Vorrat an Daten verschiedenster Art gebracht — ob es nun Biographien von Heiligen, Politikern, Künstlern oder Staatsmännern waren oder allgemeines Wissensgut. In seinem letzten Lebensjahrzehnt wandte sich Zeiller nach den großen Erfolgen seiner topographischen Werke mehr und mehr der moralphilosophischen und enzyklopädischen Tätigkeit zu. Gut die Hälfte seines Gesamtwerkes sind nicht der Topografie und Reiseberatung, sondern anderen Wissensgebieten gewidmet, die er einer beliebten literarischen Gattung seiner Zeit folgend zum Teil in Briefe an fingierte Empfänger oder in Iexikografischer Art in Kurzartikeln verpackt. Die zu seiner Zeit begeistert aufgenommenen und hoch gepriesenen Episteln oder Sendschreiben sind in sechs Lieferungen zu je hundert Briefen erschienen. In solchen Episteln und Jahrbüchern bespricht Zeller Themen, die die Leute im Alltagsleben brennend interessierten — etwa zu vergleichen mit den heutigen Illustrierten und Journalen. Beispielsweise erörtert Zeiller, ob man Kirchen anderer Bekenntnisse besuchen dürfe, ob eine Ehebrecherin härter zu bestrafen sei als ein Ehebrecher, ob Zweikampf oder Selbstmord erlaubt seien, ob es Irrlichter gäbe und warum der Schnee weiß sei usw. Zeiller scheute sich nicht, damals durchaus brisante Fragen aufzugreifen:

Ob man Ketzer am Leben strafen und Menschen zu einer Religion zwingen dürfe, ob Monarchie besser als Vielherrschaft und ob Fürsten auch den Gesetzen unterworfen seien. Über solch allgemeine Nachschlagewerke hinaus verfasste Martin Zeiller auch Handbücher über Sondergebiete und Speziallexika, so beispielsweise 1657 ein biografisches Kirchenlexikon, 1652 bis 1660 in drei Bänden ein biografisches Lexikon berühmter Historiker, Chronologen und Geografen, und dieses ausnahmsweise in lateinischer Sprache, offensichtlich um damit einen größeren Leser- und Käuferkreis anzusprechen. Als Reisetopograf kann Zeiller mit Fug und Recht als erster „Baedeker”, als Enzyklopädist, als Vorläufer des Brockhaus angesehen werden. Zeillers Ruhm war während seiner Lebenszeit unbestritten. Er galt als größter Geograph und Geschichtsschreiber seiner Zeit, den in Ulm besuchen zu dürfen sich die gelehrte Welt als Picht und Ehre anrechnete. Erst seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert wurde er mehr und mehr vergessen und seine Standardwerke durch zeitgemäße Publikationen ersetzt. Er wurde als ein typischer Vertreter jener gelehrten Vielschreiberei des 17. Jahrhunderts abgestempelt, die durch die Menge des mühselig zusammengetragenen Stoffes in ihren Büchern das zu ersetzen suche, was ihnen an Einbildungskraft und geistiger Eigenart abginge.

  

Auszug aus dem Souvenierbüchlein „Fidus Achates“ (käuflich zu erwerben im Gemeindeamt)

Im Jahr 1989 wurde in Ranten der Martin-Zeiller-Pfad mit Gestaltungselementen des weststeirischen Bildhauers Alfred Schlosser, anlässlich seines 400. Geburtstages errichtet.

 

Quelle:

Gemeindechronik von Ranten (Dr. Walter Brunner)